Blanker Irrsinn

Sein Leben war eine einzige Katastrophe, eine Aneinanderreihung von Tritten in die Eier ,um die Horst selbst gebettelt hatte.


Für seinen Namen konnte er nichts, den fanden seine Eltern so toll, er nie. Schon in der Schule musste er sich die Sticheleien seiner Mitschüler gefallen lassen, die ihn an seinen Vornamen erinnerten mit der Bemerkung, “ na, hast dich wieder zum Horst gemacht “, wenn er sich wie häufig bei den Lehrern Tadel einhandelte.
So ging das weiter in der Berufsschule und bei der Armee. Bei letzterer fand er Gefallen an Alkohol und aus wenigen Gläsern am Tag wurde später ein Bierkasten, der nach zwei Tagen nach Nachschub schrie. Schnaps kam dann auch noch dazu.


In seiner Firma hatte man lange Zeit eine Engelsgeduld, wenn er schon zur Frühschicht mit einer Fahne ankam, Nachtschicht ließ man ihn schon gar nicht mehr machen. Aber die Chefs hatten irgendwann mit Horst die Schnauze voll und er wurde gefeuert.

Verstand versoffen 

Die vielen Monate ohne Arbeit waren keine Therapie gegen seine Sauferei, im Gegenteil. Dass seine Ehe in die Brüche ging, nahm er so hin, das Genöle der Alten hatte er eh schon lange satt. Nur dass seine Ex mit Alimentenforderungen für den gemeinsamen Sohn unbarmherzig war, machte ihn sehr wütend.


Zu seiner neuen Beschäftigung bei einem Wachdienst kam Horst wie jemand zu einem Sechser im Lotto, nämlich überraschend. Dass die Leute von der Security ihn einstellen wollten, hatte er zuallerletzt erwartet. Er musste an dem Tag einen guten Eindruck gemacht haben, nicht so wie sonst mit seinem stoppeligen Gesicht und seinen geröteten Augen.
Das ist die Chance, dachte er sich und bemühte sich fortan um ein gepflegtes Aussehen und darum, dass er das Saufen im Griff behielt. Seine persönlichen Bemühungen trugen nicht nur berufliche Früchte, er lernte auch eine Frau namens Susi kennen, die ihm sofort den Kopf verdrehte. Üppig gebaut mit langer blonder Mähne, klug, gut im Bett und auch in der Küche, Horst glaubte, ab jetzt läuft alles blendend für ihn.

Er machte mit Begeisterung die notwendige Security-Ausbildung durch, besonders die Übungen mit einer Waffe, Schießen, sachgerechte Sicherung im Pistolenholster usw., hatten es ihm angetan.
Mit einem Schießeisen und in der Uniform der Firma fühlte er sich wie der Sheriff von Nottingham.


Wenn nur der verdammte “Durst” nicht wäre. Was er lange im Griff hatte, kam mit aller Macht zurück. An den Abenden, die er frei hatte, wurden die Mengen an Hochprozentigen immer mehr.
Das fiel natürlich nicht nur in der Firma auf. Als erste Maßnahme wurde ihm die Erlaubnis zum Waffentragen entzogen.
Auch seiner Freundin war sein zunehmendes Saufen nicht entgangen. Als sie eines Abends später nach Hause kam, sexy in hautenger Jeans und ihre üppige blonde Haarpracht mit einer schicken Kappe gekrönt, er aber schon einiges intus hatte, kam es zum Eklat. Susi warf ihm vor mit seiner Sauferei ihre Gefühle zu ihm kaputt zu machen. Horst versuchte sie an sich zu ziehen, tätschelte ihren prallen Hintern, der ihn immer so verrückt machte, doch sie stieß ihn zurück. Wut kochte in ihm hoch und unkontrolliert schlug er ihr ins Gesicht. Die junge Frau war zu stolz, um mit Geschrei zu reagieren, sondern sagte nur, “ Alkohol, Schlagen… was kommt als Nächtes? “ Binnen weniger Minuten war sie aus der Wohnung und seinem Leben verschwunden.
Es dauerte nicht lange, da war er auch den Job bei der Security-Firma los und musste wieder bei diesem beschissenen Arbeitsamt antanzen.


An manchen Tagen kam er kaum noch von seinem Sofa hoch, schaffte es gerade noch so zum Bierkasten, Nachschub zu holen, um dann bei schweren Seegang wieder aufs Kanapee zu torkeln, die Schnapsbulle stand eh immer griffbereit daneben.

Blackout 

An einem Tag im Juni hatte er 9:00 Uhr, für ihn mitten in der Nacht, einen Termin beim AA. Wenn er den wieder sausen ließe, würde man ihm die Stütze kürzen oder gar streichen.
Auf dem S-Bahnsteig steuerte er jedoch zuerst den Kiosk an und bewaffnete sich mit einer Schnapsflasche, ohne einen kräftigen Schluck würde Horst nicht weit kommen. Er spürte den Alkohol durch seine Adern jagen bis in sein Gehirn, wo die wohltuenden Umdrehungen entstanden.
Plötzlich sprach ihn eine weibliche Stimme freundlich an, “ Guten Morgen, könnte ich Ihren Personalausweis sehen “. Horst drehte sich um und… sah Susi vor sich, verführerisch wie immer, aber ihre blonde Mähne war kürzer, darauf ein niedliches Mützchen . “ Wo kommst du denn her, “lallte er und erfasste sie an beiden Armen, um sie an sich zu ziehen. Susi entzog sich seinem Griff. Im gleichen Moment trat ein korpulenter, kräftig aussehender Polizist dazwischen, herrschte ihn an, das zu unterlassen und der Aufforderung nachzukommen. Wo kommt der Bulle auf einmal her, dachte Horst und wollte ihn beiseite schieben. Wieder war da eine unkontrollierbare Wut in ihm. Doch der Polizist blieb stur und ehe Horst sich versah, war der Bulle dabei, ihn in den Schwitzkasten zu nehmen. Bei der Security mit solchen Angriffen geschult, befreite er sich aus dem Griff und sah direkt vor sich das Pistolenholster, griff danach, öffnete instinktiv mit dem Daumen die Sicherung und hatte das Schießeisen in der Hand. Abgesehen von dem korpulenten Bullen sah er weitere auf sich zustürzen. Er hörte es mehrmals knallen, wie er es gelernt hatte, hatte Horst die Pistole betätigt, um den Angriff mit Warnschüssen abzuwehren. Auf dem Bahnsteig donnerten die Schüsse wie Kanonenkugeln.
Ob er von Polizisten zu Boden gerissen wurde oder durch ein Projektil, was seinen Oberschenkel durchquerte, wusste er nicht.


Horst hatte auch nicht gemerkt, dass er der jungen Polizistin in den Kopf geschossen hatte. Es tat ihm nur um die Flasche Schnaps leid, die bei dem Theater zu Bruch gegangen war.

Schluss 

Der Vorfall Anfang Juni  auf einem S-Bahnhof in München ist nur Anlass für diese fiktive Story. Eine Erklärung für die Untat eines Irren ist nicht beabsichtigt. Die Wirklichkeit ist ohnehin meist anders, als sich das ein Schreiber ausdenken kann.Was wütend macht ist die zunehmende Gewaltbereitschaft verschiedener Typen gegenüber Mitmenschen in der jetzigen Gesellschaft und speziell die an den Tag gelegte Respektlosigkeit Polizisten gegenüber.Solange es keine besseren Maßnahmen gibt, sollten Alkohol-und Drogensucht, religiöser Wahn oder eine angeblich schlechte Kindheit nicht als entschuldigende Strafmilderungsgründe gelten.

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